marine Geoengineering-Aktivitäten

Text (5.818 Zeichen)

Die Vertragsstaaten des Protokolls zum Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen (Londoner Protokoll) beschlossen 2013 die Regulierung der Meeresdüngung und anderer marine Geoengineering-Aktivitäten. Kommerzielle Aktivitäten zu Meeresdüngung sind verboten. Forschungsaktivitäten können die Vertragsstaaten nach Bewertung der Umweltauswirkungen genehmigen. Die Änderung enthält eine umfassende Regelung, da weitere „marine Geoengineering“-Maßnahmen in den neuen Anhang IV aufgenommen werden und dadurch einem Verbot oder einer Kontrolle unterstellt werden können. Dem Umweltbundesamt wurde im nationalen Gesetzgebungsprozess die Aufgabe der Prüfung und Bewertung der Umweltrisiken von Meeresdüngungsexperimenten und ihre Überwachung zugewiesen. Die dafür erforderliche Stellenausstattung ist nach Inkrafttreten der nationalen Gesetzgebung unverzüglich sicherzustellen. b) Sachstand • Bedeutung der LP Änderungen Erstmalig wurde eine völkerrechtlich verbindliche Regelung von Geo-/Climate- Engineering vereinbart. - Die Änderung umfasst im Grundsatz alle Formen des marinen Geo-Engineerings und legt für die im Anhang IV genannten Techniken Anforderungen fest. Dieser Anhang, der bislang nur Meeresdüngungsvorhaben listet, kann erweitert werden. - Das geltende Regelungskonzept für Meeresdüngung ist angemessen. Da die Methode erhebliche Risiken birgt, gilt ein Verbot für kommerzielle Vorhaben. Forschungsvorhaben sind im Grundsatz erlaubt. Jedoch von der Forschungsinstitution (Antragsteller*in) nachgewiesen und von einer staatlichen Behörde bestätigt werden, dass negative Umwelteinwirkungen ausgeschlossen sind (Genehmigungsvorbehalt). Um Objektivität und Transparenz zu gewährleisten, können bei der Entscheidung über Vorhaben unabhängige internationale Expert*innen beteiligt werden. Betroffene Staaten können diese Beteiligung gegen den Willen des genehmigenden Staates einfordern. Das ist ein neuer Konfliktlösungsmechanismus im Völkerrecht. Wegen des innovativen Regelungsansatzes kann dies auch als Modell für andere Climate Engineering-Techniken, z. B. „Solar Radiation Management“, gelten. • UBA Beitrag UBA hat die Verhandlungen des London Protokolls 2007-2015 begleitet und dem BMU konzeptionelle Vorschläge für die Ratifikation und die innerstaatliche Umsetzung sowie Gesetzes- und Verordnungsentwürfe unterbreitet. Ab 2017 hat UBA das BMU in Bezug auf die Abwicklung des Gesetzgebungsprozesses unterstützt (Fragen für Behörden- und Länderbeteiligung, Erfüllungskosten). • Ratifikation und innerstaatliche Umsetzung Für die Ratifikation war die Verabschiedung des Zustimmungsgesetzes, für die innerstaatliche Umsetzung die Änderung des Hohe See-Einbringungsgesetzes (HSEG) sowie des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) erforderlich. Mit dem Zustimmungsgesetz vom 04.12.2018 ermächtigen Bundestag und Bundesrat die Bundesregierung zur völkerrechtlichen Ratifikation. Für alle marinen Geo-Engineering-Maßnahmen, die in der Anlage zum HSEG aufgeführt sind, wurde ein Genehmigungsvorbehalt eingeführt. Das WHG verweist in Bezug auf die materiellen Anforderungen auf das HSEG. Zuständig bleiben für die Küstengewässer die jeweiligen Landesbehörden. Die Gesetzesentwürfe sind vom Bundestag am 18. Oktober 2018 und vom Bundesrat am 23. November 2018 angenommen worden. Die Änderungen des HSEG und des WHG sind am 11. Juni 2019 in Kraft getreten. Erforderlich ist noch die Verabschiedung einer Verordnung nach § 9 Abs. 1 HSEG. Diese Verordnung überführt einzelne Vorgaben des Annex V der Änderung von 2013 in nationales Recht. Die Verordnung soll Oktober 2019 in Kraft treten. • Vollzug Das Gesetz weist dem UBA die Aufgaben als Genehmigungsbehörde und die Überwachung zu. Dies ist sachlich gerechtfertigt, weil UBA als Umweltbehörde in der Lage ist, die Umweltauswirkungen zu prüfen, zu bewerten und zu überwachen. Um die neue Vollzugsaufgabe gewährleisten zu können, muss sich UBA jetzt darauf vorbereiten. Da Forschungsvorhaben– soweit die Hohe See betroffen ist – bislang keiner Kontrolle durch eine Umweltbehörde unterlagen, muss eine standardisierte Vorgehensweise (SOP) zum Prozessablauf erstellt und ein Konzept zur Gestaltung der externen Abläufe des Konsultationsprozesses in Deutschland sowie mit den Nachbarstaaten entwickelt werden. Das Konzept sollte in einer Pilotphase auf Praxistauglichkeit geprüft werden. Parallel ist der Wissensstand hinsichtlich Umweltrisiken von Meeresdüngung zu vertiefen. • Einschätzung zu erwartender Anträge Wegen der Dringlichkeit des Klimaschutzes, den bisher unzureichenden Maßnahmen für Emissionsminderungen sowie den aktuellen Interpretationen des 1,5 Grad-Sonderberichts des IPCC (2018), der die Notwendigkeit von ergänzenden negativen Emissionsmaßnahmen unterstreicht, wird die Notwendigkeit von Climate Engineering Techniken wieder verstärkt diskutiert. Der im September 2019 erscheinende IPCC-Sonderbericht zu Ozeanen und Kryosphäre im Klimawandel (SROCC) wird diese Diskussionen fördern. Hinsichtlich negativer Emissionsmaßnahmen wird vor allem das Meer in den Blick genommen. So hat z.B. die neu gegründete Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) das Ziel, lösungsorientiertes Handlungswissen für den nachhaltigen Umgang mit den Meeren und Ozeanen zu erarbeiten und sieht Forschungsbedarf zur marinen Kohlenstoffspeicherung. Der Bund und die fünf norddeutschen Länder fördern die DAM bis 2022 mit 56,25 Millionen Euro. Die beteiligten Forschungseinrichtungen möchten jetzt die Möglichkeiten der Ozeane zum zusätzlichen Speichern von CO2 erkunden. BMBF möchte in der Diskussion um den Maßnahmenplan für den Klimaschutzplan 2050 den Beitrag des Meeres als Senke einbringen und versteht die DAM als „Reallabor“, das Lösungen für die Rolle des Meeres in der Klimapolitik entwickelt und praktisch erprobt.

Gefundene Schlagwörter

  • Geo-Engineering
  • Ozeandüngung
  • Meer
  • Völkerrecht
  • Umweltauswirkung
  • Marines Geo-Engineering
  • Gesetzgebung
  • Umweltgefährdung
  • Regulierung
  • Umweltbehörde
  • Klimaschutzplan 2050
  • Genehmigungsvorbehalt
  • Solar Radiation Management
  • Gesetzentwurf
  • Hohe See
Weitere Ergebnisse (26)
  • Norddeutschland
  • Forschung
  • Klimapolitik
  • Bundesrepublik Deutschland
  • Kohlendioxid
  • Gesetz über die Errichtung eines Umweltbundesamtes
  • Meereskunde
  • Klimaschutz
  • Umweltrisikobewertung
  • Wirtschaftliche Aspekte
  • Emissionsminderung
  • Schutzmaßnahme
  • Meeresmüll
  • Kryosphäre
  • Klimaänderung
  • London-Übereinkommen [Meeresschutz]
  • Forschungseinrichtung
  • Partizipation
  • Kontrollmaßnahme
  • Küstengewässer
  • Wasserhaushaltsgesetz
  • Landesbehörde
  • Genehmigungsbehörde
  • Gesetzesvollzug
  • Anliegerstaat
  • Reallabor