Immer mehr Mikroplastik im arktischen Eis - buten un binnen

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24. April 2018 Boris Hellmers Immer mehr Mikroplastik im arktischen Eis Bremerhavener Forscher schlagen Alarm: Im Meereis sind so viele Plastikpartikel wie nie. Schuld ist nicht nur der Müll. Sondern auch die Kosmetik, die wir nutzen. Ein Gespräch mit der Bremerhavener Meeresbiologin Ilka Peeken. Weitere Information zum Video Müll-Strudel apokalyptischen Ausmaßes schwimmen rotierend über die Weltmeere, ganze Küstenstreifen in Asien vermüllen unter Plastikflaschen. Nun haben Forscher des Alfred-Wegener-Instituts nachgewiesen: Das Plastik, das irgendwann zu Mikroplastik wird, gelangt immer stärker auch ins arktische Meereis. Woher kommt das ganze Plastik? Und was kann man tun? Ilka Peeken vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut hat die aktuelle Studie betreut und konkrete Vorschläge. Ilka Peeken ist Meeresbiologin beim AWI in Bremerhaven. Sie hat die Studie zum Mikroplastik im arktischen Meereis betreut. Frau Peeken, wie kommen diese riesigen Mengen Mikroplastik überhaupt ins Meer? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Zum Beispiel die Plastiktüte, die wir ins Meer werfen, und die dann durch Sonnenenergie und Meeraktivität zersetzt wird. Das zweite ist, dass wir in der Kosmetik ganz bewusst Mikroplastik-Partikel einsetzen, etwa in Zahncremes oder Anti-Peeling-Mitteln: Das ist absichtlich beigefügtes Mikroplastik, anders als etwa eine Plastiktüte, die ja nicht als Mikroplastik hergestellt wurde. Auch der Abrieb von Autoreifen und die Wäsche von plastikhaltigen Textilien haben einen großen Einfluss. Mikroplastik: Aus der Creme-Tube ins arktische Eis Weitere Information zum Video Da müssten wir in Europa doch ein gutes Gewissen haben dürfen: Wir haben seit langem Mülltrennung und komplexe Recyclingsysteme. Wieso kommt immer noch so viel Plastik ins Meer? Gerade wurde in der Bremer Neustadt wieder Müll eingesammelt – es liegt alles voller Plastik. Sehr viel davon gelangt eben nicht dorthin, wo es hingehört. Außerdem gibt es andere Regionen, wo massiv Plastik weggeschmissen wird. Im Mittelmeer gibt es Orte, in denen man gar nicht mehr schwimmen gehen möchte, weil man dort nur noch im Plastik herum schwimmt. Ist das Plastik der anderen Länder, etwa in Afrika oder Asien, von denen aus ebenfalls viel in die Weltmeere gelangt, das Hauptproblem? Nicht unbedingt. Die erwähnten absichtlich hergestellten Mikroplastik-Teile aus Kosmetika und Textil-Wäschen haben nach einer aktuellen Studie maßgeblichen Anteil an dem Mikroplastik-Eintrag ins Meer. Das geschieht natürlich viel unauffälliger über unsere Abwassersysteme und dann über die Flüsse. Eine völlig vermüllte Küstenlinie in Jakarta: So sieht der sichtbare Teil des Plastikmülls im Meer aus. Bild: picture alliance / NurPhoto | Aditya Irawan Noch eine Frage zu Ihrer aktuellen Studie: Was ist für Sie besonders alarmierend? Alarmierend ist, dass Polyethylen, was weltweit am meisten produziert wird, auch am meisten vorhanden ist. Es ist leichter als Wasser, entsprechend sinken die Partikel nicht so leicht ab und werden weiter transportiert. Das ist erschreckend, denn wir haben im Meereis ein kleines Ökosystem aus Algen und kleinen Tierchen. Die Partikel, die wird dort finden, haben die Größe dieser Algen und können so in die Nahrungskette gelangen. Kleines wird von Größerem gefressen – und landet dann auch irgendwann beim Fisch. Was sollte getan werden? Wir sollten als Verbraucher nicht mehr so sorglos mit dem Material umgehen. Das fängt mit dem Kaffeebecher an und geht zur Plastiktüte bis hin zur Kleidung. Und von der Politik sollte es Regeln geben, dass mehr abbaubares Plastik hergestellt wird. Es gibt ja auch schon Überlegungen, Steuern auf Plastik einzuführen. Plastikmüll im Meereis Müll-Rekord im Eis: Forscher des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts haben im arktischen Meereis soviel Plastik gefunden wie noch nie. Die meisten Teilchen waren mikroskopisch klein, also so genanntes Mikroplastik. Bis zu 12.000 Teilchen pro Liter Eis haben die Wissenschaftler entdeckt. Sie gehörten zu 17 verschiedenen Kunststoff-Typen. Ein Großteil der Plastikteilchen sinkt vermutlich auf den Meeresboden: Dort haben die Forscher ebenfalls sehr viel Plastik entdeckt: Bis zu 6.500 Kunststoffteilchen pro Kilogramm Tiefseeboden. Mehr zum Thema: Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 24. April 2018, 19:30 Uhr

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